Viele Ukrainerinnen und Ukrainer kommen derzeit in der Region an, auf der Flucht vor dem Krieg. Ist das schon spürbar bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) und der Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi) am Standort?
Daniel Dommel: Wir haben diesmal keine Schlangen vor den Außenstellen wie bei der letzten großen Fluchtbewegung im Jahr 2015/16. Viele Geflüchtete kommen ja zunächst bei Privatpersonen unter. Da wusste anfangs keiner, wie viele das sind, was sie brauchen und wie wir helfen können. Und so kam die Idee, erst einmal eine Hotline in der Muttersprache anzubieten, die in der Beratung unsere Stärken herausstellt.
Welche Stärken sind hier relevant?
Dommel: Durch unsere gfi-Angebote in der Kinderbetreuung haben wir viel Wissen und ein gutes Netzwerk zu Behörden wie Jugendämtern, Schulen und Landratsämtern. Bei entsprechenden Fragen oder Bedürfnissen können wir konkret beraten oder direkt weitervermitteln. Oder die Menschen sogar mit unseren eigenen Angeboten versorgen, zum Beispiel in bfz-Kursen zum Thema Sprache oder berufliche Bildung.
Oleksandra Iaroslavtseva: Ich arbeite seit fünf Jahren in der Sprachkursabteilung der bfz, spreche Ukrainisch und Russisch, da ich selbst ukrainische Wurzeln habe. Aus aktuellem Anlass betreue ich zusätzlich die Hilfshotline.
Welche Fragen werden in der Hotline am häufigsten gestellt?
Iaroslavtseva: Oft geht es um eine erste Orientierung. Die Fragen betreffen die Kursanmeldung bei uns, sehr häufig auch den Schulbesuch oder die Betreuung für Kinder. Ich spüre, wie erleichtert viele sind, dass sie direkt und ohne Übersetzung in ihrer Muttersprache nachfragen können und sich in diesem Moment nicht ganz so hilflos und abhängig fühlen. Die Menschen sind sehr dankbar. Das geht mir sehr nahe, denn ich habe selbst noch Familie in der Ukraine. Die Hotline finde ich eine tolle Idee und ich bin froh, dass ich helfen kann.
Welche Kurse sind für geflüchtete Menschen interessant?
Dommel: Akut helfen können wir nur mit den Angeboten, die wir haben. Wir erleben die Menschen als höchst engagiert, sie wollen sofort Fuß fassen und niemandem zur Last fallen. So suchen viele nach Sprachkursen. Von den offiziellen Integrationskursen gibt es aber nicht genug und überhaupt dauert die Zulassung lange. Wir waren zudem schon immer Träger von Erstorientierungskursen. Diese behandeln erste sprachliche und praktische Inhalte, wie zum Beispiel die Mülltrennung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat uns jetzt ein Kontingent von neun solchen Kursen genehmigt. Diese organisieren wir nun, ich stehe hier gerade mit einigen Gemeinden in Kontakt.
Auf welche Herausforderungen bereiten Sie sich noch vor?
Dommel: Gigantisch groß ist schon jetzt die Nachfrage nach Kinderbetreuung. Wir können aber eigentlich nur neue Angebote schaffen, wenn wir einen behördlichen Auftrag haben. Wir sammeln aktuell die Bedarfe und geben diese weiter. Die Jugendämter rechnen außerdem mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus der Ukraine. In Sachen Ausbildungssuche können wir dann zum Beispiel unsere Stärken einbringen. Aber auch da müssen wir auf politische und behördliche Vorgaben warten.
Warum gehört es zum Selbstverständnis der bfz und gfi, den Neuankommenden Angebote zu machen?
Dommel: Es ist unser Auftrag, die Wirtschaft in der Region zu fördern. Dazu gehörten schon immer sprachliche Integration und Kinderbetreuung. Ich kann nur am Arbeitsleben teilnehmen, wenn mein Kind versorgt ist und ich die Landessprache spreche. Wir unterstützen unsere Unternehmen und Betriebe, indem wir den geflüchteten Menschen helfen, anzukommen und sie zum Arbeiten befähigen. Außerdem sehen wir die Hilfe in der aktuellen Situation als sozialen Beitrag.