Seit dem Jahreswechsel ist Hans-Martin Hermann auf Arbeitssuche. Der 58-Jährige ist erfahrener Manager und hat zuletzt den strategischen Einkauf eines Unternehmens in der Einrichtungsbranche geleitet. „Ich kenne meine Stärken. Die Selbstreflexion ist nicht meine Baustelle. Aber das Alter ist ein Thema. Das ist mir bewusst“, merkt er an. Vor knapp drei Wochen hat er sich deshalb spontan entschieden, an einem Coaching für Hochqualifizierte am bfz-Standort in Ansbach teilzunehmen. Die Agentur für Arbeit Ansbach- Weißenburg, welche die Maßnahme finanziert, hatte ihn auf das Angebot aufmerksam gemacht. Genauso wie Anja Mirowski (36). „Eigentlich haben wir beruflich kaum Überschneidungspunkte, bis auf die Branche“, lacht sie. „Ich war bisher noch nicht als Geschäftsführerin tätig. Aber die Insolvenz der Firma, in der ich vorher gearbeitet habe, kann eine Chance für mich sein, mit meiner nächsten Stelle aufzusteigen. Daher ist es gut, dass wir hier im Kurs unser Wissen zur Selbstvermarktung erweitern konnten.“
Es habe sie sehr vorangebracht, sich im Rahmen des zweiwöchigen Coachings mit erfahrenen Führungskräften wie Hans-Martin Hermann auszutauschen, betont sie. Der Manager wiederum konnte von neuen Ansätzen für Bewerbungsstrategien profitieren, „Die Selbstpräsentation ist, wie schon gesagt, nicht mein Problem. Aber es hat mir die Augen geöffnet, dass es noch viel mehr Optionen gibt, sich proaktiv zu bewerben“, erklärt er. Anfang letzter Woche hatte sich die zehnköpfige Gruppe zunächst intensiv mit den aktuellen Anforderungen an Lebenslauf und Anschreiben beschäftigt, vor allem, was das Storytelling betrifft. Nach Reflexionsterminen zu den eigenen Persönlichkeiten, Zielen und Wünschen, sei die Sprache auf die Möglichkeiten neuer Medien gekommen. Die Potenziale gerade von Bewerbungsvideos habe die Gruppe sofort „elektrisiert“, wie beide sagen. Schnell kam der Wunsch auf, ein etwas aufwändigeres Video zu drehen.
Bereichernde Gruppendynamik
„Es ist ungewöhnlich, dass diese relativ neue Form der Bewerbung auf so viel Gegenliebe stößt“, schildert bfz-Seminarleiter Stefan Singer, „Als studierter Film- und Medienwissenschaftler sowie Pädagoge der Erwachsenenbildung konnte ich den Teilnehmenden eine tiefergehende Perspektive mitgeben. Allerdings weiß ich auch, wie aufwändig Filmproduktionen sind. Deshalb war ich eher skeptisch. Ich habe der Gruppe aber die Freiheit gegeben, den Fokus auf das Video zu richten. Es ist sehr positiv, dass die Teilnehmenden so schnell großes Vertrauen zueinander aufbauen konnten. Anders wäre es nicht zu dieser Dynamik gekommen.“
Die bunte Gruppenkonstellation fanden die beiden Teilnehmenden sehr bereichernd. Mit dabei waren auch Akademikerinnen aus der Türkei und der Ukraine, „Alphatiere“ genauso wie eher zurückhaltende Menschen, unterschiedlicher Generationen und Branchen. Sie alle konnten sich in einer Art geschützten Rahmen selbst ausprobieren und für Bewerbungsgespräche und Assessment-Center trainieren. „Man braucht das Feedback aus verschiedenen Perspektiven, von unterschiedlichen Leuten. Dann kann man eine Schnittmenge der Aussagen bilden und Elementares für sich und die Bewerbungsstrategie rausziehen“, sagt die Innenarchitektin Mirowski. Und Führungskraft Hermann resümiert: „Die zwei Wochen waren sehr aktivierend und eine gute Grundlage für meine weitere Arbeitssuche. Unbedingt empfehlenswert!“