Mit Sprach-, Integrations- und Berufsorientierungskursen helfen unsere Mitarbeiter*innen der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) zugewanderten Menschen bei der beruflichen Intergration in Deutschland. Am Standort Westmittelfranken greift Oleksandra Iaroslavtseva mit einer Hotline und Sprachkursen geflüchteteten Ukrainer*innen unter die Arme. Im Interview zieht sie eine erste, auch persönliche Bilanz und wagt einen Blick in die Zukunft.
Oleksandra, du hast selbst ukrainische Wurzeln, wie hast du die letzten zwölf Monate erlebt?
Oleksandra Iaroslavtseva: Ich habe selbst Familie in der Ukraine und mache mir jeden Tag Sorgen, sobald die Bombardements wieder losgehen. Die ständige Sorge zermürbt einen. Ich persönlich bin deshalb froh, dass ich mich mit meiner Arbeit ablenken kann. Gleich zu Beginn des Krieges haben wir eine Hotline eingerichtet, die den Geflüchteten in Westmittelfranken als Anlaufstelle für Fragen zur beruflichen Integration und Kinderbetreuung dient.
Wie waren für dich die ersten Tage an der Hotline?
Oleksandra Iaroslavtseva: Täglich habe ich bis zu 30 Anrufe beantwortet. Die geflüchteten Menschen waren verstört, konnten keinen klaren Gedanken fassen und wollten sich daher über alle möglichen Kurs-Angebote informieren. Alerdings gab es im März noch nicht sehr viele Angebote. Viele Menschen hatten sich auch erhofft, Antworten auf Fragen zur Wohnungssuche und weiteren organisatorischen Themen zu erhalten. Für diese waren wir als bfz jedoch nicht die richtige Anlaufstelle. Ich habe dennoch gerne unterstützt und an die zutsändigen Stellen weiterverwiesen, etwa an das Landratsamt oder den Integrationsbeirat. Die Menschen waren so dankbar, dass ihnen jemand in ihrer Muttersprache weiterhelfen konnte. Das war schön zu erleben. Ich bin froh, dass ich helfen konnte und weiterhin helfen kann.
Ist es denn mittlerweile etwas ruhiger geworden?
Oleksandra Iaroslavtseva: Etwas, aber die Hotline ist immer noch aktiv. Was sich allerdings geändert: Die meisten, die jetzt nach Deutschland kommen, haben hier bereits Verwandte und Bekannte. Von ihnen wissen sie schon viel über das Leben und Arbeiten in Deutschland. Es gibt mittlerweile gute Netzwerke an Ehrenamtlichen und Vereinen, die den Menschen weiterhelfen. Aktuelle Anrufe drehen sch nun fast ausschließlich um die Frage, wie bfz-Kurse bei der beruflichen Integration unterstützen können. Um im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, muss man Deutsch sprechen können. Das ist die erste Hürde, die genommen werden muss. Unser Angebot an Sprach- und Integrationskursen haben wir deshalb letztes Jahr stark erweitert. Gleichzeitig haben wir in den ersten Monaten eine Kinderbetreuung auf die Beine gestellt, damit auch geflüchtete Mütter an unseren Sprachkursen teilnehmen können.
Wie kommen die Menschen in den Sprachkursen voran?
Oleksandra Iaroslavtseva: Die zugewanderten Menschen sind sehr engagiert. Auch weil so ein Kurs durch die ganztätige Beschäftigung von den Sorgen um die Familie und Freunde in der Ukraine ablenken kann. 70 Teilnehmer*innen haben bereits einen Kurs komplett abgeschlossen, 30 haben das Niveau B1 erreicht. Einige der Teilnehmenden haben sich bereits bei Unternehmen beworben, andere besuchen weiterführende Kurse, um sprachlich noch besser zu werden. Die meisten planen länger in Deutschland zu bleiben, auch weil sie gar nicht mehr zurückkönnen. Durch den Krieg ist ihr Zuhause in Mariupol oder Charkow komplett zerstört. Diejenigen, die es geschafft haben als komplette Familie zu fliehen, versuchen sich hier eine Existenz mit Perspektive aufzubauen.
Wie werden ukrainische Geflüchtete vom bfz-Standort Westmittelfranken zukünftig unterstützt?
Oleksandra Iaroslavtseva: Es werden weiterhin viele Kurse angeboten, beispielsweise in Roth, Wassertrüdingen und Dinkelsbühl. Im März sind B2-Sprach- und Integrationskurse in Ansbach, Weißenburg und Neustadt/Aisch gestartet. Im April und Mai folgen dann weitere, unter anderem auch als Online-Kurse. Die Nachfrage ist immer noch groß, wenn auch nicht mehr ganz so groß wie im April beziehungsweise Mai letzten Jahres. Außerdem unterstützen Kolleginnen und Kollegen bei der beruflichen Orientierung, falls es schwierig ist, mit der bisherigen Ausbildung eine Anstellung in Deutschland zu finden. Die bfz bieten Umschulungen, Ausbildungen und Weiterbildungen an. Viele ukrainische Kinder werden von unseren Kolleginnen und Kollegen der Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi) begleitet. Die gfi betreibt Kindertagesstätten in der Region, bietet Mittagsbetreuung und Berufsorientierungskurse an Schulen an.