Bereits als Jugendlicher plante Paulos Kargados, seine Leidenschaft für Technik zum Beruf zu machen. Nach etlichen Hürden und Rückschlägen hat es der 42-Jährige geschafft: Seit Sommer 2022 arbeitet er als Fachinformatiker für Systemintegration bei einem IT-Dienstleister in Nürnberg. Dass er seinen Traumjob ohne größere Einschränkungen ausüben kann, verdankt Kargados nach eigener Aussage zu einem wesentlichen Teil dem Team des Gusto-Cafés der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) am Standort Nürnberg.
Nach zwei vorzeitig beendeten Ausbildungen und verschiedenen Tätigkeiten sowie einer Weiterbildung arbeitete der Nürnberger zunächst für ein IT-Unternehmen, ehe ihn ein schwerer Verkehrsunfall aus der Bahn warf. Kargados absolvierte eine Reha und wollte anschließend wieder ins Berufsleben einsteigen – doch sein Körper machte ihm einen Strich durch die Rechnung. „Ich war nicht mehr belastbar und bin immer wieder krankheitsbedingt ausgefallen“, berichtet er. Nachdem er im Alter von 30 Jahren ein Burn-out erlitten und sich sein psychischer und physischer Zustand weiter verschlechtert hatten, begab er sich schlussendlich in Behandlung.
Stabilisierung der „Gusto“-Teilnehmer*innen in einem geschützten Rahmen
Während der Therapie stellte sich heraus, dass an ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis vorerst nicht zu denken war. „Ich wollte aber nicht nur zuhause bleiben, sondern zumindest in Teilzeit arbeiten, um meinem Alltag eine Struktur zu geben“, erzählt Kargados. Über eine Tätigkeit in einem gemeinnützigen Geschäft fand er zu Beginn des Jahres 2019 mit Unterstützung des Jobcenters Nürnberg-Stadt schließlich seinen Weg ins Gusto-Café. Diese Maßnahme der bfz Nürnberg wurde im Jahr 2013 ins Leben gerufen und richtet sich an Kund*innen der Jobcenter und Agenturen für Arbeit mit psychischen Beeinträchtigungen. Die Teilnehmer*innen organisieren und betreiben das bfz-interne Café selbst und werden dabei von qualifiziertem Fachpersonal, Sozialpädagog*innen und Ausbilder*innen individuell betreut. Während ihrer Tätigkeit haben sie die Möglichkeit, Erfahrungen in verschiedenen Berufsfeldern wie Küche, Veranstaltungsorganisation, Hauswirtschaft oder Büro zu sammeln. Ziel der Maßnahme ist es, die Teilnehmer*innen in einem geschützten Umfeld persönlich zu stabilisieren und ihnen wichtige Schlüsselqualifikationen für den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Das Jobcenter Nürnberg-Stadt fungiert als Auftraggeber der Maßnahme und unterstützte bereits die Inbetriebnahme des Cafés. „Seit bald zehn Jahren bietet das Gusto-Café den Teilnehmenden ideale Voraussetzungen, um sich ohne Druck und mit kompetenter Unterstützung auf die Rückkehr ins Berufsleben vorzubereiten. Die persönliche Erfolgsgeschichte von Paulos Kargados ist großartig und unterstreicht die wertvolle Arbeit und die Empathie der Ausbildenden im Café“, freut sich Sylvia Kandl, als Fallmanagerin beim Jobcenter Nürnberg-Stadt für die Maßnahme zuständig. Kandl hatte Kargados während seiner Teilnahme an der Maßnahme im Gusto-Café und auch bei der anschließenden Umschulung intensiv begleitet und unterstützt.
Während seines Aufenthalts im „Gusto“ durchlief Paulos Kargados sämtliche Bereiche des Cafés. So bereitete er etwa in der Küche Mahlzeiten für die Belegschaft der bfz am Standort zu und kümmerte sich um technische Angelegenheiten. Unter anderem setzte er die Kassensysteme neu auf und erstellte dazu eine entsprechende Bedienungsanleitung. Durch diese Tätigkeiten und die stetige sozialpädagogische Begleitung durch die bfz-Mitarbeiter*innen gelang es Kargados, seine Belastbarkeit schrittweise zu steigern. „Im Gusto-Café wurde mir vor Augen geführt, dass ich immer noch in der Lage bin, produktiv und leistungsfähig zu sein. Außerdem war ich es davor nicht gewohnt, dass meine persönlichen Anliegen einen gewissen Stellenwert haben. Hier habe ich gelernt, dass es wichtig ist, auch auf sich selbst zu achten.“
„Die großartige Unterstützung berührt mich immer noch sehr“
Nach über anderthalb Jahren im Gusto-Café begann Kargados im Sommer 2020 eine Umschulung zum Fachinformatiker für Systemintegration, die er im Juli 2022 erfolgreich beendete. Im Anschluss daran wurde er von seinem Arbeitgeber direkt übernommen. Seitdem ist er nicht nur für die IT-Systeme des Unternehmens zuständig, sondern bildet auch andere Umschüler*innen aus. „Ich liebe diese Tätigkeit, weil ich mein Wissen in der Praxis anwenden und gleichzeitig an andere weitergeben kann“, erzählt er. Unterdessen ist der Kontakt zu den Mitarbeiter*innen des Cafés nie abgerissen – in seiner Freizeit kommt der 42-Jährige immer noch gerne von Zeit zu Zeit in der Fürther Straße vorbei. „Meine Zeit im ,Gusto‘ war wirklich eine tolle Erfahrung. Das ganze Team und auch die anderen Teilnehmenden haben mich auf meinem Weg so großartig unterstützt – das berührt mich immer noch sehr.“